Ein Fazit von einer so langen Reise ist nicht ganz einfach. Wir hatten viel Zeit, über das Erlebte der letzten Monate zu sprechen, aber es war halt so viel und so vielschichtig, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Wir versuchen es mit ein paar Zahlen:

  • 26.795 km haben wir zurück gelegt
  • dabei haben wir 2663,6 Liter Diesel verbrannt, ein Verbrauch von 9,94 Liter/100 km
  • 96 Tage waren wir unterwegs
  • 53 Nächte haben wir wild gecampt
  • 19 Nächte haben wir vor Hostels im Auto geschlafen
  • 7500,- Euro haben wir etwa ausgegeben, was exakt im Rahmen der Planung lag
  • 8 Länder haben wir besucht
  • Zusammen haben wir 9329 Fotos aufgenommen
  • 7 SIM-Karten haben wir dafür angeschafft
  • 16 Landesgrenzen durften wir dabei passieren
  • 4665 Meter war der höchste Ort im Pamirgebirge
  • -25 Meter war der tiefste Punkt in Atyrau am Kaspischen Meer
  • über 10 kg Kaffe haben wir verkocht, ca. 100 Liter Milch verbraucht
  • 300 Liter Flaschenwasser und Cola konsumierten wir auf der Tour
  • weitere 300 Liter Brauchwasser filterten wir in unseren Vorratsbehälter
  • 7 Kilogramm habe ich auf der Tour abgenommen
  • 10 kg Gaskartuschen hatten wir dabei, wovon wir nur 7 gebraucht haben
  • 754 Stunden saßen wir um Auto
  • 80 km sind wir gewandert
  • 500,- Euro an Bestechungsgeldern waren geplant, wovon wir keinen Cent gebraucht haben
  • Das Autoeperaturbudget von 1000,- Euro wurde etwas überschritten

In der obigen Animation könnt Ihr erkennen, wie unsere Route ablief und wie oft wir unsere Planung änderten. Gelegentlich hat uns die Realität eingeholt, was dazu führte, dass der Reiseplan deutlich umgestellt werden mußte.


Immer, wenn es mal nicht so rund lief, versuchten wir uns damit aufzuheitern, dass wir aufzählten, was alles gut gelaufen ist:

  • Wir hatten keinen Unfall und keine Verletzungen
  • Die Polizei ließ uns fast vollständig in Ruhe, vielmehr halfen uns Polizisten in Tajikistan weiter
  • Das Auto hatte keine richtigen Katastrophen
  • Die Reifen haben super durchgehalten
  • Wir sind nur einmal kurz im Matsch stecken geblieben
  • Wir wurden nicht beraubt
  • Uns wurde nichts gestohlen
  • Niemand hat uns jemals bedroht, viel mehr haben wir uns ständig sicher gefühlt
  • Wir waren nicht ernsthaft krank
  • Die Wespengiftimpfungen liefen sehr gut
  • Unsere Vorbereitungen waren klasse
  • Wir hatten immer genug Wasserreserven und Essen dabei
  • Die medizinische Versorgung durch Saskia war top
  • Wir haben gelernt, jedes Problem unterwegs irgendwie zu lösen
  • Wir haben immer zusammengehalten und alles gemeinsam hin bekommen
  • Trotz mangelnder Sprachkenntnisse kamen wir überall durch
  • Wir hatten nie Probleme, mit den vielen Währungen und Geldwechseleien zurecht zu kommen



Höhenprofil:
von Anfang an war uns klar, dass die Höhe eine große Rolle spielen würde und für Gesundheit und das Wohlbefinden eine große Herausforderung würde. Und so kam es auch, besonders, als wir unseren Reiseplan änderten und den Pamir-Highway mit einbezogen. So stellte es sich heraus, dass es sehr sinnvoll ist, sich vorher Gedanken zu machen und sich langsam an die Höhe heranzutasten, damit sich der Körper daran gewöhnen kann. Über zwei Wochen steigerten wir in Kirgistan kontinuierlich die Höhe, um dann bereit für den Pamir zu sein. Zwar merkten wir die Auswirkungen der Höhe stark, aber die akute Höhenkrankheit verschonte uns zum Glück.




Fehler, die wir nicht wiederholen wollen:

  • Nicht auf Straßenqualitätsempfehlungen von anderen hören, die ihre Aussagen nicht belegen können
  • Auch wir selbst vergaßen sehr schnell, wie gut oder schlecht eine Strecke war.
  • Nicht so viele Kilometer in so kurzer Zeit, wir saßen deutlich zu viel im Auto und wanderten zu wenig.
  • Vorher erkundigen, wie man im Zweifelsfall einen Abschleppdienst bekommen könnte.
  • Zweifelhafte Reparaturen am Auto sofort ausführen, bevor die Reise beginnt.
  • Kein Schwarzmarkt-Diesel tanken.



Mongolei:

Die Mongolei schreckt durch ihre Weite und Leere viele Touristen ab, was mir wiederum besonders gut gefiel. Die Menschen strahlen eine Besonnenheit und Ruhe aus, die ich selten erlebte. Die Zuversicht, jede Aufgabe gelöst zu bekommen, auch wenn nicht klar ist, wie, begeisterte mich. Die landschaftliche Vielfalt bietet noch so viel zu entdecken, dass eine weitere Reise nötig wäre, um all das zu sehen. Abschreckend ist wirklich die Qualität der Straßen, wenn man die als solche bezeichnen will. Pisten von teils erschreckender Qualität zermürben jedes Fahrzeug und lassen eine Reise in die Mongolei zu einer Wackelpartie werden. Wie Jack uns sagte: Die Frage ist nicht, ob das Auto kaputt geht, die Frage ist nur wann.



Kasachstan:

Noch eine ganze Ecke größer ist Kasachstan, dominiert von den unendlich scheinenden Steppen im Landesinneren. An den Rändern verstecken sich grandiose Landschaften, Schluchten, Berge, Kreidefelsen und Hochgebirge. Die Distanzen dazwischen werden nicht nur zur Geduldsprobe, sondern auch zur Herausforderung, wenn die Straßen schlecht sind. Die Menschen nehmen einen mit großer Offenheit und Toleranz auf. Die Infrastruktur ist gut. Einzelne Orte rund um Almaty sind etwas überlaufen, aber je weiter entfernt von den großen Städten, und so einfacher wird es, Einsamkeit zu finden. Besonders die Region um das Kaspische Meer hat es mir angetan. Das wäre bestimmt eine weitere Reise wert.



Kirgistan:

Kirgistan ist die Perle in Zentralasien, klein und hoch. Die Berge machen das Land sehr abwechslungsreich und malerisch. Kirgistan zu bereisen ist recht einfach, viel Infrastruktur und touristische Angebote hinterlassen einen positiven Eindruck, ohne dabei aufdringlich oder abzockerisch zu wirken. Die Menschen waren eine Wohltat. Wie ein Kirgiese auf dem Markt im Karakol zu Saskia sagte: wir Kirgiesen haben keine schönen Gesichter, aber ein gutes Herz. Zu befürchten ist, dass mit weiter ansteigendem Massentourismus dieses gute Herz leidet.



Tajikistan:

Der Pamir ist legendär und wild. Bestimmt der gefährlichste Abschnitt unserer Reise mit der schlechtesten Infrastruktur, wie wir selbst erleben durften. Landschaft und Höhe begeistern und beängstigen gleicher maßen. Die Menschen waren die freundlichsten und herzlichsten, die wir auf unserer Reise getroffen haben. Die Straßen sind eine Rosskur für das Fahrzeug. Das Erlebnis Pamir war einmalig, wird es aber nach meiner Einschätzung auch bleiben.



Usbekistan:

Das Juwel der Seidenstraße hat viel ihres Glanzes verloren durch den forcierten Einstieg in den Massentourismus. In wenigen Jahren ist ein beschauliches Kleinod zu einer Gelddruckmaschine ausgebaut worden. Auch sollte man sich nicht zu sehr mit der politischen Situation beschäftigen, sonst begleitet einen, wie uns das ging, ständig der Makel, sich in einem unmenschlichen Regime zu befinden. Diese Elemente überschatten einen ungetrübten Eindruck des Landes erheblich.



Was hat uns die Reise gegeben?

So richtig haben wir das alles noch nicht verarbeitet. Aber ich versuche, einige Elemente zusammenzufassen:

Vorurteile sind wichtig und helfen in Gefahrensituationen schnell zu reagieren. Hat man jedoch Zeit und ist nicht in Gefahr, darf man sich auch gerne mal ansehen, wieviel Realitätsbezug das eine oder andere Vorurteil denn so bietet. Das war der Kern unserer Reise. Nicht nur eigenen Vorurteile hatten wir im Gepäck, auch die Warnungen und Horror-Geschichten anderer nahmen wir bereitwillig mit. Mit diesem Ballast los zuziehen war eigentlich die größte Herausforderung. Und wir wurden bitter enttäuscht. Keines unserer Vorurteile konnten wir bestätigen. Wir trafen auf viele, ganz normale Menschen mit einer großen Offenheit und Gastfreundschaft, Neugier und Mitteilungsbedürfnis, die uns die Welt Zentralasiens öffneten und uns viele, schöne Einblicke in ihren Alltag ermöglichten.

Unser Bild anderer Länder, teils auch des eigenen, ist stark durch Medienberichte geprägt und durch Aussagen von Politikern. Dass es sich hierbei um einen Teilaspekt handelt, der häufig mit dem Alltagsgeschehen und der Lebenswirklichkeit vor Ort nur wenig zu tun hat, ist auch eine Erkenntnis, die wir mitnehmen durften.

Es war kein Urlaub, es war eine Reise, auf der jeder Tag neue, uns bislang unbekannte Aufgaben stellten. Das war anstrengend. Bisweilen sogar so anstrengend, dass wir an unsere Grenzen kamen. Das war uns klar, und dazu waren wir bereit. Wir waren gut vorbereitet, sowohl inhaltlich als auch von der Ausrüstung. Dennoch überraschte uns einige Situationen und forderten viel Phantasie, um die Aufgaben zu meistern. Diese Flexibilität werden wir versuchen, in den Alltag zu retten.

Wir durften einmal wieder viele neue Gesichter der Erde und ihrer wunderbaren Natur erleben. Auch war es mir ein Anliegen, die häßlichen Seiten der menschlichen Eingriffe zu erfahren. Die theoretischen Kenntnisse konnten wir mit Einblicken in die Wirklichkeit ergänzen. Wir sahen, wie empfindlich unsere Erde doch ist, und dass wir noch sorgfältiger mit ihr umgehen sollten.

Natürlich ist so eine Art zu reisen unkomfortabel, teils richtig gefährlich. Dieser Kontrast zu unserem Alltagsleben in Deutschland läßt wieder eine neue Wertschätzung unseres Wohlstandes und der Sicherheit des europäischen Lebensstils aufkommen.

Nach vier Tagen zuhause freuen wir uns wieder auf unseren Alltag, auf die Arbeit, auf Aufgabe, die wir beherrschen und bereits gelöst haben. Es erscheint wie eine Erholung, nicht ständig vor neuen Aufgaben zu stehen, die einen bis an die Leistungsgrenze fordern.

Wir möchten uns auch hier nochmals ganz herzlich bedanken bei allen, die uns in Gedanken begleitet haben. Eure Nachrichten, Emails, Anrufe und SMS gaben uns immer wieder Mut, weiter zu machen. Ich hoffe, Ihr konntet von der Reise auch etwas mitnehmen. Und sei es nur der Impuls, mal wieder selbst los zuziehen und eigene Erfahrungen zu sammeln.

Die nächste Reise kommt bestimmt.

Saskia und Jörg.


 


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